Haushaltsrede 2022

Haushaltsrede 2022

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, verehrte Damen und Herren der Gemeindeverwaltung, verehrter Herr Bürgermeister Ernst,  liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates.

Eine Zeit lang waren wir versucht, einfach die Haushaltsrede vom vergangenen Jahr zu nehmen und als einzige Änderung den Namen des Bürgermeisters zu ersetzen. Um ehrlich zu sein, viele Änderungen haben sich nicht ergeben. Der Vorgänger von Bürgermeister Ernst war lange Zeit wegen des Wahlkampfes nicht in Haßmersheim. An die Zeit des Wahlkampfes schloss sich eine Vakanz an, die der Umsetzung der zahlreichen Großprojekte nicht wirklich  förderlich war. In der vergangenen Haushaltsrede haben wir unter anderem den ständigen Personalwechsel im Bauamt beklagt, der die Ausführung der zahlreichen Bauprojekte nicht gerade vorantrieb. Vor der geplanten 4 Millionen Kreditaufnahme wurde im Haushaltsjahr 2021 nicht ein einziger Euro benötigt, das spricht Bände und heißt nichts anderes, als dass nur ein geringer Teil umgesetzt werden konnte. Die Verschuldung der Gemeinde beträgt zum 31.12.2021 deshalb nicht ganz  1,4 Millionen. Betrachtet man die Unterhaltsmaßnahmen am sonstigen unbeweglichen Vermögen, so zeigt sich ein ähnliches Bild 2020 700.000 € weniger als geplant, 2021 erneut mehr als 700.000 weniger als geplant. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, fällt uns dazu ein.  Die unterlassenen Unterhaltsmaßnahmen werden uns in den nächsten Jahren zusätzlich liquide Mittel binden.  Inzwischen hat auch der im vergangenen Jahr eingestellte Bauamtsleiter die Segel gestrichen und die Hoffnung bleibt, dass der neue Bauamtsleiter, der zum 1. April sein Amt antritt, tatkräftig die vielen angestoßenen Projekte weiter voran bringt.

Im vergangenen Jahr war die besondere Herausforderung einen Haushalt aufzustellen, der stark durch die Corona Pandemie geprägt war. Leider ist die Corona Pandemie immer noch ein Thema, wenn sich auch ihre Auswirkungen bei den Steuereinnahmen nicht mehr  signifikant zeigen. So wie es aussieht, wird die Pandemie uns auch in diesem und vermutlich im nächsten Jahr begleiten. Vor einigen Wochen wurden wir mit dem barbarischen Angriffskrieg auf die Ukraine konfrontiert, dessen Auswirkungen überhaupt noch nicht abschätzbar sind. Vielleicht wird durch diesen Krieg der Haushalt 2022 komplett zur Makulatur.

Die Zukunft der Gemeinde ist alles andere als rosig. Zitat Rechnungsamtleiter Herr Salen:“ alles andere als erfreulich……… Geldvermögen nur minimal über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestliquidität……………… die Verschuldung wird sich sprunghaft erhöhen…“. Auf der Schuldenliste des Landkreises Neckar-Odenwald werden wir 2025 dann vermutlich auf Platz 1 landen. Angesichts dieser Zahlen müssen wir uns schon die Frage stellen, ob dieser Gemeinderat – also wir immer den nötigen Weitblick bewiesen haben bei unseren Entscheidungen. Wie am kalten Buffet, man nimmt sich vor wenig zu essen und am Ende war man doch dreimal dort. Aber leider ist es nicht so wie am kalten Buffet, dass am Ende die Zeche vom Gastgeber übernommen wird, diese Zeche werden die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde zahlen müssen. Zitat Rechnungsamtsleiter Herr Salen: „es bedarf einer Vielzahl von Korrekturen, sowohl auf der Ertrags – als auch auf der Aufwandsseite, um eine spürbare Verbesserung der Haushaltssituation zu erreichen.“ Was nichts anderes heißt, in den nächsten Jahren wird der Bürger und die Bürgerin mehr bezahlen müssen und dafür weniger Leistungen von der Gemeinde bekommen!

Für das Jahr 2022 sind Auszahlungen in Höhe von 24,5 Millionen Euro geplant, wovon 9,3 Millionen für Baumaßnahmen vorgesehen sind,  das sind fast 40 % der Auszahlungen der Gemeinde. Mit Fug und Recht kann man behaupten, dass sich der Gemeinderat in erheblichem Umfang mit Baumaßnahmen befasst. Auf uns rollt ein gewaltiger Projekttsunami zu, der von uns selbst losgetreten wurde, wir stehen am Hafenbecken, schauen der Entwicklung zu und hoffen, dass es doch nicht so schlimm werden wird, wie es aussieht. Organisation-Untersuchung hin oder her, die Ergebnisse und die damit verbundene Umstrukturierung der Verwaltung werden nicht dazu führen, dass die Projekte weniger werden, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und die Verantwortlichen der Gemeinde weniger belastet werden. Deshalb sagen wir, wir müssen selbstkritisch sein, eigene Fehler einsehen und die Notbremse ziehen.

Im Laufe des Haushaltsjahr 2022 müssen alle Projekte, die nicht Pflichtaufgaben sind, ohne Wenn und Aber – Fördergelder hin oder her – auf den Prüfstand und notfalls beendet werden. Wir können nicht zulassen, dass wir uns selbst Handschellen anlegen und uns auf Jahre hinaus durch die Projektlage – was mittlerweile schon zum Haßmersheimer Unwort geworden ist – und die enorme Verschuldung selbst handlungsunfähig machen. Um satte 134 % wird die Verschuldung der Gemeinde in diesem Haushaltsjahr steigen und das ist nicht das Ende der Fahnenstange! Von 2022-2023 werden die Schulden erneut um 190 % steigen. Jeder Einwohner*in Haßmersheims wird Ende 2023  2231 € an Schulden zu schultern haben. 2020 betrug die durchschnittliche Verschuldung der Gemeinden in Baden-Württemberg 1271 €. Zu unserem großen Bedauern werden dagegen Projekte, zu denen wir uns vertraglich verpflichtet haben, und die als Ausgleich gedacht sind für unseren enormen Flächenverbrauch hintenangestellt. Ökologische Maßnahmen wie Renaturierung Mühlbach und Renaturierung Talbach werden verschoben auf 2023 oder noch später. Auch die Klimakrise ist im Bewusstsein der Gemeinderät*innen und der Verwaltung noch nicht angekommen. „Den Gemeinden, Städten und Landkreisen kommt beim Klimaschutz eine Schlüsselrolle zu.“ Zitat Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Seit 2016 gibt es den Klimaschutzpakt Baden-Württemberg,  dem in Baden-Württemberg beinahe die Hälfte aller Kommunen (466 Kommunen) beigetreten sind.

In Haßmersheim spielt Klimaschutz nicht einmal in Sonntagsreden eine Rolle. Die Änderung der lebensgefährlichen Fahrradwegsituation am Ortseingang Neckarmühlbach steht ebenso wenig auf dem Plan für die Zukunft. Mobilitätswende ja, aber womit anfangen? Kein Geld und keine Ressourcen! Was wird aus anderen zarten Pflänzchen, die in der Gemeindeverwaltung zaghaft sprießen, und die unsere volle Unterstützung genießen? Von einem Familienzentrum war schon die Rede, aber wer soll es realisieren, wer finanzieren? Alles was nicht Tief – oder Hochbau ist, bleibt auf der Strecke. Keine Frage, es besteht Wohnraummangel auch in der Gemeinde und gemäß der Planung der Metropolregion wird er bis 2030 steigen. Wir bezweifeln allerdings, dass es für diese Frage nur eine einzige Antwort gibt, nämlich das nächste Baugebiet im Stil der achtziger Jahre zu gestalten. Nord III wird allmählich gebaut, aber ohne Quartiersentwicklung, ohne zukunftsweisende Ausgestaltung – nicht einmal eine Parkbucht für Busse ist vorgesehen. Lassen Sie uns viel lieber überlegen, ob es nicht vielleicht andere Lösungsmöglichkeiten gibt im Rahmen der Wohnungsbauoffensive des Landes Baden-Württemberg, lassen Sie uns versuchen eine Wiedervermietungsprämie auf den Weg zu bringen, gefördert vom Land Baden-Württemberg.

Oder nehmen wir die kostenlose Beratungsleistung des Kompetenzzentrums Baden-Württemberg in Anspruch, dass Kommunen bei der Schaffung von bezahlbaren Wohnungsraum unterstützt.

Wir freuen uns mit Herrn Ernst einen Bürgermeister gefunden zu haben, der von einer breiten Mehrheit der Bürger*innen der Gemeinde gewählt wurde, und der sehr große Kraftanstrengungen unternimmt und versucht, das Schiff mit großer Kompetenz wieder auf Kurs zu bringen. Wir danken Ihnen sehr geehrter Herr Ernst und der gesamten Gemeindeverwaltung. Wir hoffen, dass einige unserer Anregungen Eingang in die Gemeindepolitik finden und stimmen dem Haushalt in diesem Jahr und für dieses Jahr 2022 zu.

Vielen Dank

Anna Leischner

Thorsten Ringwald

Solidarität mit der Ukraine!

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