Haushaltsrede 2021

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, verehrte Damen und Herren der Gemeindeverwaltung, verehrter Herr Bürgermeister Salomo,  liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates.

Vor uns liegt ein Haushalt, der unter den ganz besonderen Bedingungen einer Pandemie erstellt werden musste. Man würde eigentlich erwarten, nachdem die deutsche Wirtschaft insgesamt unter zahlreichen pandemiebedingten Einschränkungen wirtschaften musste, dass der Haushalt, der vor uns liegt ein düsteres Bild der Haushaltslage der Gemeinde zeichnen würde.

Positiv ausgedrückt könnte man sagen, diese Gemeinde nimmt ihre gesamtwirtschaftliche Verantwortung war und investiert kräftig und kurbelt somit die Wirtschaft an.

Kritisch betrachtet jedoch haben wir es mit Investitionen zu tun, die nicht unbedingt durch Steuereinnahmen gedeckt sondern kreditfinanziert sind. Geplanten Steuereinnahmen von knapp 5,8 Millionen € stehen Auszahlungen für Baumaßnahmen in Höhe von 11 Millionen gegenüber, was zu einer Kreditaufnahme von 4 Millionen im Jahr 2021 führen wird. Von diesen 4 Millionen werden fast 1,5 Millionen dazu benötigt, bestehende Kredite zu tilgen.

Und Licht am Ende des Tunnels ist nicht absehbar, denn unser Kämmerer rechnet für das Jahr 2022 mit weiteren Darlehen in Höhe von 5,5 Millionen €.

Und wofür das Ganze?

11,1 Millionen € betragen die Auszahlungen für Baumaßnahmen. Was vor uns liegt, ist ein reiner Bauhaushalt, gespickt mit Großprojekten:

-Baugebiet Nord 3,

-Industriegebiet Unterer Auweg 2,

-Ortsrand Entlastungsstraße,

-Wohnumfeldmaßnahme Hochhausen,

-Sanierung der Friedrich Heuss Schule,  

-Anschluss der Kläranlage an den Abwasserzweckverband,

-Kreisverkehr Erschließung Nord 3

und am Horizont winkt schon das nächste Großprojekt: Neubau eines zentralen Kindergartens für Haßmersheim.

Zieht man von dieser immensen Investitionssumme die zu erwartenden Förderungen in Höhe von fast 5 Millionen ab, bleiben immer noch etwas mehr als 6 Millionen € zu stemmen. Auch wenn die geplanten Baumaßnahmen zu 100 % mit Fördergeldern finanziert werden könnten, bleibt immer noch der immense Arbeitsaufwand, der bei uns in der Verwaltung zur Folge hat, dass unsere Bauamtsleiter*in von der Fahne gehen und am Horizont bisher noch kein geeigneter Bewerber oder Bewerberin sichtbar ist. Kein Wunder bei diesen Arbeitsbedingungen. Gefühlt bei jeder dritten Gemeinderatssitzung stehen Personalangelegenheiten auf dem Plan.

Obwohl wir nicht einmal 2 Jahre diesem Gremium angehören, gibt es nur eine Amtsleiterin, die noch von Beginn unserer Amtszeit an übrig geblieben ist. So ist es nicht verwunderlich, dass das eine oder andere Projekt auf die lange Bank geschoben wird, wie beispielsweise das Ratsinformationssystem für Soft-und Hardware, ein Projekt, das schon deutlich vor unserer Amtszeit umgesetzt werden sollte.

Auch die genannten Baugroßprojekte werden teilweise  das gleiche Schicksal ereilen, ein Teil davon wird schlicht und einfach nicht umgesetzt werden können – wie geplant.

Wer sollte die Arbeit machen? Ohne die kostspielige Unterstützung durch diverse Ingenieur-und Architekturbüros wäre die Arbeit auf dem Bauamt überhaupt nicht mehr zu leisten.

Die anvisierte Pro-Kopf-Verschuldung für das Jahr 2021 von 1078 Euro wird deshalb so auch gar nicht eintreten,  genauso wenig wie die geplante Neuverschuldung von

4 Millionen €.

Der Bürgermeister unserer Gemeinde ist Mitglied des Netzwerks junger Bürgermeister*innen. Nach eigener Aussage steht dieses Netzwerk für frische und ideenreiche Kommunalpolitik. Darunter verstehen wir zukunftsgerichtete, moderne und innovative Entwicklungen:

– Quartiersentwicklung unter Einbeziehung der Bevölkerung. Stichwort dazu ist

  Bürgerbeteiligung

– Nachhaltige Kommunalentwicklung: CO2-neutrales Bauen, Bauen mit neuen

  Materialien, regenerative Energieerzeugung

– Umwelt- und Naturschutz, was heißt, behutsam mit dem Flächenverbrauch

  umgehen und bei der Biotoperweiterung mitmachen

– Ein Mobilitätskonzept zu entwickeln, das alle Verkehrsteilnehmer*innen gleicher-

  maßen berücksichtigt und die Emissionen reduziert

Viele Baukonzepte, die bei uns gerade realisiert werden, haben ein Verfallsdatum. Sie sind weder innovativ noch halten sie einer Klimaverträglichkeitsprüfung stand.

Neben dieser Abwägung müssen Investionen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung standhalten, wie es die Gemeindehaushaltsverordnung im  § 12 (1) vorsieht:

„Bevor Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung beschlossen werden, soll unter mehreren in Betracht kommenden Möglichkeiten durch einen Wirtschaftlichkeitsvergleich unter Einbeziehung der Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung ermittelt werden.“ § 12(1) GemHVO

Diese Abwägung findet aus unserer Sicht bei Großprojekten nicht oder nicht in ausreichender Form statt. Zukünftige Kosten, die die oben erwähnten Großprojekte verursachen werden, fließen in aller Regel nicht in die Entscheidungsfindung des Gemeinderates ein, viel zu oft wird der Gemeinderat von den Notwendigkeiten überfallartig in die Ecke gedrängt, so dass nur noch Zustimmung bleibt, um größeren Schaden von der Gemeinde abzuwenden. Beispielsweise wurden wir vor wenigen Monaten überrascht von den Plänen der Gemeindeverwaltung, einen zentralen Kindergarten im Neubaugebiet Nord 3 für mehrere Millionen zu erbauen. Der Widerstand des Gemeinderates hat immerhin dazu geführt, dass dieses Bauprojekt in die Zukunft verschoben wird. Wir finden im Haushalt eingestellt 500.000 € für die Schaffung neuer Betreuungskapazitäten. Unsere Fraktion betont ganz deutlich, dass wir darunter die Erarbeitung eines ergebnisoffenen Kindergartenkonzeptes verstehen, ein Konzept, das alle Gemeindeteile einbindet und die bereits bestehenden Gegebenheiten berücksichtigt. Die Maxime“ kurze Beine, kurze Wege“ heißt nichts anderes, als dass allen Kindern in den jeweiligen Ortsteilen eine Betreuungsmöglichkeit angeboten werden muss. Dafür stehen wir!

Unser Fazit lautet:

Wir sehen die steigende Verschuldung der Gemeinde kritisch, wir bedauern, dass im Wesentlichen in Bauprojekte investiert wird, wir vermissen, dass Natur-und Umweltschutz in der Gemeinde nur eine geringe Rolle spielt und wir betrauern den immensen Flächenverbrauch. Wir sehen aber auch, dass die Zeiten für Investitionen günstig sind, so betragen die Zinszahlungen 2021 nur knapp 20.000 €, berücksichtigt man die Höhe der Investitionen, so handelt es sich um einen geringen Betrag. Wir hoffen, dass sich die Lage tatsächlich so realisiert, wie prognostiziert, denn nur dann kann die Gemeinde die anvisierten Projekte verwirklichen und die aufgenommenen Kredite in angemessener Zeit tilgen.

Sollte sich die Finanzlage aufgrund der Pandemie verschlechtern, dann wird das eine oder andere Projekt noch weiter in die Zukunft verschoben werden müssen und/oder Steuererhöhungen sind nicht mehr abzuwenden.  

An dieser Stelle möchten wir ganz besonders unseren neuen Kämmerer Herrn Salen unseren Dank aussprechen, es ist ihm gelungen sich in kurzer Zeit in die Projektlage der Gemeinde einzuarbeiten und sicherlich in langen Nächten mit vielen Überstunden diesen Haushalt zu entwerfen. Herzlichen Dank dafür! Wir werden dem Haushalt 2021 zustimmen!

Bürgerliste/Bündnis 90 die Grünen

Anna Leischner

Thorsten Ringwald

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